Photography        
Links
   

 

Pforzheimer Zeitung
Freitag, 12. Juli 2002

Dokumentierte Lebenswege
Der Pforzheimer Fotograf Uwe Dürigen zeigt "Menschen auf dem Dach der Welt"

Text: Sandra Pfäfflin
Fotos: Gerhard Ketterl

Er ist ein genauer Beobachter mit der Kamera, behutsam die Nähe suchend, Vertrauen aufbauend: Uwe Dürigen bringt den Menschen, die er fotografiert, Respekt und Interesse entgegen. Und so entstehen Bilder voll entspannter Lockerheit. Fernab von jeglichen bildnerischen Voyeurismus zeigt der Pforzheimer nicht nur nicht nur klösterliche Idylle oder bittere Armut, er gewährt Einblicke in Lebenswege, Schicksale, Seelenzustände. Vom alter zerfurchte Gesichter, fröhliche Kinderaugen, im Gebet versunkene Einkehr - Uwe Dürigen findet seine Menschen und Motive seit Jahren bei Reportagereisen durch Tibet, Nordindien, Ladakh, Zanskar und Nepal. Und er erzählt die Geschichten dieser "Menschen auf dem Dach der Welt". Unter diesem Titel hat er aus seinem riesigen Fundus 100 Schwarz-weiß-Fotos ausgewählt, die von Freitag an im Lichthof des Alten Rathauses Pforzheim ausgestellt sind.

Kein vermeintliches Idyll
Dürigens Fotos haben vor allem dokumentarischen Charakter. Da wird dem Betrachter kein vermeintliches Idyll, kein asiatisches Shangri-La vorgegaukelt. "Warum", so erzählt der Fotograf, Rock-Musiker und Vize-Verwaltungschef des Stadttheaters, habe ihn ein Freund gefragt, "hast du nicht die scheußliche Uhr im Palast der Kumari einfach auf dem Bild abgeschnitten?" Aber es ist genau dieser Anachronismus, der Dürigen auch interessiert. Auf der einen Seite die feierlich Zeremonie um die Kindgöttin, die auf eine Jahrtausende alte Tradition zurückgeht, auf der anderen Seite die moderne Wanduhr, die fast schon symbolisch dafür steht, dass auch auf dem Dach der Welt die Zeit nicht stehen geblieben ist.

Erbarmungsloser Job
Und wie politisch diese Fotos in all ihrer Schönheit und Eindringlichkeit sind, das lässt sich unter anderem an den Bilddokumenten über das harte Leben der indischen Dumka beim Straßenbau im Himalaya ablesen. Als Saisonarbeiter werden die Jungen und Männer aus dem tropisch heißen indischen Bundesstaat Bihar verpflichtet, um unter härtesten Bedingungen die höchsten Straßen der Welt zu bauen. Auf über 5000 Meter Höhe schuften die Analphabeten, die mittels Fingerabdruck ihr Schicksal für fünf erbarmungslose Monate besiegelt haben: In bitterer Kälte, umgeben von giftigen Dämpfen, hausen sie in Verschlägen aus aufeinander gestapelten Teerfässern, "um ganz in der Nähe der pakistanischen Grenze Straßen für Waffentransporte des indischen Militärs zu bauen", schildert Dürigen.

Tibetische Flüchtlinge
Seit Jahren ein Schwerpunkt seiner Reportagen, die unter anderem auch in der "Pforzheimer Zeitung" erscheinen, ist das Schicksals tibetischer Flüchtlinge. Rund 100 000 Tibeter hat die chinesische Annexion des Staates ins Exil getrieben, als prominentestes Opfer sicher den Dalai Lama, von dem der Pforzheimer Fotograf ein eindrucksvolles und sehr lebendiges Bild in der Schau präsentiert.

Kloster in der Schweiz
Aus der Heimat vertrieben - das ist auch die alte Nomadin, die Dürigen in einem Camp bei Kathmandu besucht, das sind die adrett gekleideten Jungs, die dank europäischer Unterstützung in einer Schule in Indien ihre Muttersprache lernen können. Eine tibetische Enklave exisitiert sogar im schweizerischen Rikon, wo der Unternehmer Heinrich Kuhn bereits in den 60er Jahren die ersten Tibeter als Arbeitskräfte verpflichtete und ihnen - um das Heimweh zu mildern - ein Kloster baute, in dem lamaistische Mönche ihren buddhistischen Glauben leben und vermitteln.

Sanfte Lichtstimmungen
Überhaupt sind die Religionen im Himalaya ein wichtiges Bildthema Dürigens. Fast schon meditativ wirken die Schwarz-weiß-Aufnahmen von Klöstern, Mönchen und Landschaften mit ihren sanften Lichtstimmungen. Gelebte Tradition, fernab jeglicher westlichen Hektik lässt diese Menschen große innere Ruhe und Frieden ausstrahlen. Einen spannungsvollen Kontrast dazu bilden die Aufnahmen hinduistischer Bettelmönche - wild dreinschauende Shiva- und Vishnuverehrer mit grell bemaltem Gesichter und mit Asche bedecktem Körper, die diesen - auch mittels Kasteiungen - ganz dem Geist unterordnen.

 

back

Home